Die Mär vom optimierten WLAN

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Wer hat sie noch nicht gehört, die im Internet kursierenden Tipps zum perfekten WLAN? Man solle Kanal und Bandbreite manuell festlegen, dann läuft das kabellose Netzwerk wie geschmiert.

Dabei sind diese Tipps eher kontraproduktiv!

Warum das so ist, zeigt ein kleiner Ausflug in die Spezifikationen zum „WLAN-Standard“ 802.11. Relevant sind heuer eigentlich nur die Erweiterungen g, n und ac – alles andere ist eher „interner Protokollkram“ (k, r, s, v…) oder zu selten (n bei 5 GHz), veraltet (a, b) bzw. zu neu (ad, ax).

Vergleicht man jetzt die drei derzeit relevanten Erweiterungen, erkennt man sofort, dass sie sich in Frequenz und Breite unterscheiden (gilt für EU-konforme Geräte. US-Geräten fehlen die Kanäle 12 und 13):

  • g: 2,4GHz, 20 MHz, optimale Kanalbelegung: 1, 5, 9, 13
  • n: 2,4GHz, 20 MHz, Optimale Kanalbelegung: 1, 5, 9, 13
  • n: 2,4 GHz, 40 MHz, Optimale Kanalbelegung: 3, 11

Welchen Kanal und welche Bandbreite sollte man nun als die optimale Lösung einstellen nicht wissend, welche Endgeräte der Nachbar betreibt? Besitzt man nur Geräte, die 802.11n unterstützen lautet die logische Antwort 3 oder 11 (2,4 GHz und 40 MHz). Was aber, wenn man Kanal 3 einstellt und der Nachbar in der Wohnung nebenan einen Sender für 802.11g hat, der zwingen 20 MHz benötigt und auf Kanal 1 eingestellt ist, was ja die optimale Lösung für 20 MHz-Breite ist? Richtig: beide WLAN-Netze laufen mit angezogener Handbremse, da es laufend Kollisionen gibt. Dementsprechend ist auch der Tipp, den Kanal zu wählen, der am Empfangsort des Clients am geringsten belastet ist, Unfug: der Router hat möglicherweise gar nicht die Möglichkeit, den Client korrekt zu bedienen, weil genau dieses Band an seinerm Empfangsort völlig verstopft ist. Absoluter Quatsch ist noch der Hinweis, die Sendeleistung des Routers bis zum Anschlag hochzudrehen. Da die Netzwerkkomponenten i.d.R. mehr Sendeleistung als die Klienten haben, können diese den Router zwar perfekt empfangen (und ihre Sendeleistung daher möglicherweise sogar drosseln), für den Router ist deren Sendeleistung aber zu mickrig.

Sucht man im Internet nach „optimale wlan einstellung“ findet man selbst in den einschlägigen „Fachmagazinen“ die oben aufgeführten, kontraproduktiven Tipps. Vieles wurde unreflektiert aus den USA übernommen (1, 5, 11 aufgrund deren Kanalbeschränkung), anderes aus den Werbebroschüren der Hersteller übernommen. Wer gesunden Menschenverstand besitzt, sollte seinem Router die Wahl der WLAN-Aufteilung überlassen, sind ihm doch die Rahmenparameter aller Sender im Empfangsbereich bekannt. Berücksichtigt man dann noch, dass bei 20 MHz etwa 54 MBit über die Leitung gehen (was für 2 UHD-Streams ausreichend ist), trauert man den breiten Bändern nicht nach. Immerhin stehen einem selber und den Nachbarn auch 4 Kanäle zum TV-Genuss zur Verfügung, was 8 gleichzeitig laufenden UHD-Streams (oder 32 HD-Kanälen in 1920×1080/60p) entspricht. Wem das nicht ausreicht, der sollte ein Ethernetkabel unter den Teppich oder in die Fußleiste legen.

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